Wenn der Friseur zum Hilfsarzt wird …

… dann kann die Herzgesundheit durchaus profitieren. Das hat nun ein niedrigschwelliges Vorsorgeangebot in den USA gezeigt.

Es gibt Menschen, die sehr ungern eine Arztpraxis aufsuchen. Allenfalls in akuten Notfällen, zur Vorsorge jedoch nicht. Spätestens ab der Mitte des Lebens wird der Verzicht auf Vorsorgeuntersuchungen jedoch immer mehr zum Vabanquespiel. Denn es gibt eine Vielzahl von Erkrankungen, die sich erst mit deutlichen Symptomen bemerkbar machen, wenn eine Heilung nicht mehr, nicht mehr völlig oder nur noch mit großem Aufwand möglich ist. Dazu gehört auch Bluthochdruck, in der Fachsprache als arterielle Hypertonie bezeichnet.

„Bluthochdruck nimmt man als Patient selbst lange Zeit nicht wahr. Das Herz, die Gefäße, die Nieren und auch die Augen leiden unbemerkt darunter. Unter anderem weil Bluthochdruck Arteriosklerose – ‚Gefäßverkalkung‘ – begünstigt, zählt er zu den Hauptrisikofaktoren für Herzinfarkt und Schlaganfall. Auch ein Nierenversagen oder eine Beeinträchtigung der Sehfähigkeit können Langzeitfolgen sein“, erklärt der in Berlin-Prenzlauer Berg praktizierende Kardiologe und Internist Peter Hoffmann.

Wie erreicht man also Menschen mit Arztpraxen-Abneigung, um sie für die Gefahren des Bluthochdrucks zu sensibilisieren und am besten auch gleich den Blutdruck zu messen? Dort, wo die Menschen ohnehin hingehen, lautet die Antwort eines US-amerikanischen Pilotprojekts im Raum Los Angeles.

Plaudern, aufklären, untersuchen
Wie im „New England Journal of Medicine“ berichtet wurde, hat sich eine ungewöhnliche Zusammenarbeit kalifornischer Ärzte und Apotheker mit rund 50 Friseuren ausgezahlt. Diese klärten ihre Kunden nebenbei beim Haareschneiden über Hypertonie auf. Hatten sie Interesse geweckt, zückten sie sogleich ein Messgerät und erhoben den Blutdruck. Bei besorgniserregenden Werten wurde eine Gruppe von Kunden/Patienten zu einem kooperierenden Apotheker geschickt, eine andere aufgefordert zum Arzt zu gehen. Der Apotheker händigte direkt blutdrucksenkende Medikamente aus.

Vor allem diese Maßnahme entpuppte sich als Erfolg. Die direkt medikamentös versorgten Hypertoniker unter den Friseurkunden konnten ihren Blutdruck deutlich absenken. Den an einen Arzt verwiesenen „Studienteilnehmern“ gelang ebenfalls eine Absenkung, allerdings war diese schwächer ausgeprägt.

Ein Modell auch für Deutschland? Es gibt Stimmen in der Medizinerschaft, die solche niedrigschwelligen Angebote auch hierzulande sinnvoll fänden. Allerdings dürfen Apotheker in Deutschland ohne ärztliches Rezept keine verschreibungspflichtigen Medikamente ausgeben. Doch dagegen, dass demnächst der Friseur als Extra-Service den Blutdruck misst, spricht prinzipiell nichts.