Warum schon geringer Alkoholkonsum kardiologisch bedenklich ist
Ein oder zwei Gläschen Wein oder Bier am Tag gelten weithin als gesundheitlich unschädlich, wenn nicht sogar förderlich. Eine aktuelle US-Studie weist darauf hin, dass dem nicht so ist.
Mit den Empfehlungen zum gesundheitlich vertretbaren Alkoholkonsum verhält es sich ähnlich wie mit denen zur Ernährung im Allgemeinen: Man gewinnt den Eindruck, dass jede neue Studie der Diskussion wieder eine andere Richtung gibt. Darf man dem Herz-Kreislauf-System Alkohol zumuten, sollte man es sogar? Wenn ja, wie viel? Über diese Fragen ist die Forscherschaft uneins. Einige Studien kamen zu dem Schluss, dass moderater Konsum sogar der Herzgesundheit guttun könnte, was jüngere Forschungsarbeiten jedoch konterkarieren.
Ein gewichtiger neuer Wissens-Baustein bereichert die Debatte seit Kurzem: In einer Kohortenstudie wurden Daten zu Ernährung und Gesundheit von über 17.000 US-Amerikanern ausgewertet. Sie entstammen dem „Third National Health and Nutrition Examination Survey“, einer von 1988 bis 1994 laufenden Großbeobachtung, bei der auch Blutdruck und Alkoholkonsum der Teilnehmer erfasst wurden.
Das Ergebnis ist für Freunde eines gepflegten Drinks ernüchternd: Wer nur 7 bis 13 Drinks pro Woche zu sich nimmt, steigert damit sein Bluthochdruckrisiko um gut die Hälfte. Bei höherem Konsum ergibt sich eine statistische Risikoerhöhung um 65 Prozent für leichten und 146 Prozent für schweren Bluthochdruck. Angesichts der möglichen Folgewirkungen chronischen Bluthochdrucks ist das eine ernst zu nehmende Gefährdung.
Europäischer Kardiologenverband empfiehlt maximal 100 Gramm pro Woche
Im Lichte der aktuellen Forschungslage – und noch in Unkenntnis der neuen US-Studie – hat der Dachverband der europäischen Kardiologen ESC seine Leitlinie kürzlich angepasst. Er empfiehlt nun, maximal 100 Gramm Alkohol pro Woche zu sich zu nehmen, was je nach Getränk ebenjenen 7 bis 13 Drinks entspricht.
Gleichwohl schränken die US-Forscher die Aussagekraft ihrer Studie selbst ein. Denn obwohl sie andere Risikofaktoren so gut wie möglich herausgerechnet haben, halten sie weitere, übersehene Störfaktoren für nicht unwahrscheinlich. Eine kausale Beziehung zwischen Alkoholkonsum und Bluthochdruck lasse sich aus ihren Ergebnissen nicht eindeutig ableiten.
Herzmediziner wie der in Berlin-Prenzlauer Berg praktizierende Kardiologe und Internist Peter Hoffmann raten dessen ungeachtet zu Vorsicht: „Jeder sollte die eigenen Alkoholkonsumgewohnheiten kritisch im Blick behalten und im Zweifel lieber mal Nein sagen. Für Herz-Kreislauf-Risikopatienten gilt das umso mehr.“