Sollten Typ-2-Diabetiker eher 140 oder 120 mmHg anpeilen?

Die Blutdrucksteuerung spielt eine wesentliche Rolle im Leben mit Typ-2-Diabetes. Die deutschen Behandlungsleitlinien raten zu einem systolischen Zielwert von 140 mmHg. Eine aktuelle Studie legt nun jedoch eine Absenkung auf 120 mmHg nahe.

Wer unter Typ-2-Diabetes leidet, muss mit schwerwiegenden Komplikationen und Folgeerkrankungen rechnen. Unter- oder Überzuckerung kann zu einem diabetischen Koma führen, eine Niereninsuffizienz zum Organversagen, Arteriosklerose zu Schlaganfall oder Herzinfarkt – unter anderem. „Eine zentrale Stellschraube, mit der das Risiko lebensbedrohlicher Komplikationen reduziert werden kann, liegt im Blutdruck“, erklärt der in Berlin-Prenzlauer Berg praktizierende Kardiologe und Internist Peter Hoffmann. „Der Zielwert hängt auch von individuellen Faktoren wie dem Alter, Komorbiditäten, der Verträglichkeit oder dem funktionellen Status ab, doch zur grundlegenden Orientierung nennen die geltenden Behandlungsleitlinien Zielwerte.“

Solche finden Typ-2-Diabetiker und ihre Ärzte in der „Nationalen VersorgungsLeitlinie“, die von der Bundesärztekammer, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften herausgegeben wird. Als systolischer Zielwert werden dort 140 mmHg empfohlen. Das könnte jedoch zu unambitioniert sein, wie sich immer deutlicher herauskristallisiert. Die European Society of Cardiology (ESC) hat ihre Empfehlung bereits auf 120 bis 129 mmHg heruntergeschraubt. Schanghaier Forscher legen nun Ergebnisse vor, die für einen Orientierungswert von 120 mmHg sprechen.

21-prozentige Reduktion des kardiovaskulären Risikos
Für ihre Studie „Blood Pressure Control Target in Diabetes“ verglichen die Wissenschaftler den Krankheitsverlauf von knapp 13.000 Typ-2-Diabetikern, die bei Beginn im Schnitt 64, mindestens aber 50 Jahre alt waren. Eine Hälfte peilte einen systolischen Zielwert von 140 mmHg an und erreichte nach vier Jahren durchschnittlich 132. Die andere unternahm und realisierte eine intensive Blutdrucksenkung auf 120 mmHg. Insgesamt wurden die Probanden fünf Jahre lang beobachtet. In dieser Zeit kam es bei der 120er-Gruppe zu 21 Prozent weniger Schlaganfällen, Herzinfarkten, behandlungsbedürftigen Herzinsuffizienzen und kardiovaskulär verursachten Todesfällen. Dieses Ergebnis fällt deutlicher aus als bei vergleichbaren früheren Studien.

Das Fazit der Forscher lautet daher: Grundsätzlich sollte ein Richtwert von 120 mmHg gelten. Zu beachten seien bei einer intensiven Blutdrucksenkung indes stets die Risiken eines erhöhten Kaliumspiegels (Hyperkaliämie) oder eines zu niedrigen Blutdrucks (Hypotonie). Unter anderem daraus folgt, dass Patienten eine ehrgeizige Absenkung ihres Blutdrucks ärztlich begleiten lassen sollten.