KI kann Bluthochdruck und Diabetes an der Stimme erkennen
Mehrere gravierende Erkrankungen lassen sich an Sprach- und Stimmmustern ablesen. Künstliche Intelligenz hat die Genauigkeit solcher niedrigschwelligen Früherkennungsdiagnosen noch einmal deutlich erhöht.
Sowohl chronischer Bluthochdruck als auch Typ-2-Diabetes gehören zu den großen Volksleiden, auf die zahlreiche verfrühte Todesfälle zurückgehen. Wer unter Bluthochdruck leidet (oder auch noch nicht leidet, weil die Symptome zu schwach sind und/oder falsch gedeutet werden), hat ein erhöhtes Schlaganfallrisiko. Zudem drohen Herzinfarkt, Nierenschwäche, Demenz und Trübungen des Sehvermögens. „Auch Typ-2-Diabetiker leben mit einem erhöhten Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko. Überdies treten häufig in den Beinen und Füßen Durchblutungsstörungen auf, insbesondere die periphere arterielle Verschlusskrankheit, landläufig als Schaufensterkrankheit bekannt“, führt der in Berlin-Prenzlauer Berg praktizierende Kardiologe und Internist Peter Hoffmann aus.
Viele Betroffene wissen indes nichts von ihrem brisanten Risiko. Früherkennung setzt voraus, dass man mit einem gewissen Gefährdungsbewusstsein eine Arztpraxis aufsucht und entsprechende Untersuchungen vornehmen lässt. Bisher zumindest – zukünftig könnte es reichen, ein paar Sekunden lang in eine App zu sprechen, um gleich mehrere Erkrankungen abzuklären.
Die Stimme verrät viel mehr, als wir wahrnehmen können
Die menschliche Stimme wird von mehreren Hunderttausend Merkmalen geprägt, von denen wir in der Kommunikation nur einen Ausschnitt wahrnehmen. Tonhöhen, „Sprachenergieverteilung“, die Schärfe von Klangveränderungen, Pausen, Sprachmelodie und, und, und: In solchen Parametern lassen sich mit technischer Unterstützung Muster erkennen, die für bestimmte Krankheiten charakteristisch sind, darunter auch Bluthochdruck und Diabetes Typ 2.
Wie treffsicher heutige Analysemethoden mithilfe künstlicher Intelligenz (KI) bereits sind, zeigen Neuentwicklungen des Unternehmens Klick Labs und der Ontario Tech University. Klick Labs entwickelte eine App, die in Tests mit 245 Probanden mit einer Genauigkeit von 84 Prozent bei Frauen und 77 Prozent bei Männern Bluthochdruck allein auf Basis einer Stimmanalyse diagnostiziert hat. In Ontario programmierten die Forscher eine KI, die bei der Typ-2-Diabetes-Erkennung auf eine Genauigkeit von 89 Prozent bei Frauen und 86 Prozent bei Männern kam, erhoben anhand von 267 Testpersonen.
Diese überzeugenden Ergebnisse lassen eine Vereinfachung und Verbesserung der kardiologisch-internistischen Früherkennung erwarten. Theoretisch könnten Arztpraxen bald bereits bei Anrufen ihrer Patienten, etwa zur Terminvereinbarung, erste stimmbasierte KI-Diagnosen vornehmen lassen, wenn jene ihr Einverständnis geben. Am Ende werden sicherlich viele verfrühte Todesfälle verhindert werden.