Kabellose Herzschrittmacher könnten neuer Standard werden
Erstmals wurde kürzlich einem Patienten in Deutschland eine neue Generation von Herzschrittmachern eingesetzt. Sie hat die Form einer Kapsel, kommt ohne Kabel aus und verspricht – neben einer Batterielaufzeit von 17 Jahren – weniger Komplikationen.
Herzschrittmacher springen mit elektrischen Impulsen ein, sobald der Herzschlag ausbleibt oder unter eine bestimmte Frequenz sinkt. Die etwa streichholzschachtelgroßen Geräte, die unter dem Schlüsselbein platziert und über zwei Drahtsonden mit dem Herzen verbunden werden, haben bereits unzählige zusätzliche Lebensjahre ermöglicht.
Die Implantation eines so großen Geräts samt der Drähte ist für die Patienten indes strapaziös und geht mit den üblichen Risiken einer umfangreichen Operation einher, insbesondere dem einer Infektion. Deutlich schonender und risikoärmer sind daher sogenannte Kapselschrittmacher, die es bereits seit rund zehn Jahren gibt. Sie haben die Form einer Vitaminkapsel und sind etwa vier Zentimeter lang. „Bisher konnten sie allerdings nur in die Hauptkammer eingesetzt werden und kamen deshalb lediglich für eine begrenzte Zahl der Patienten mit Herzrhythmusstörungen infrage“, erklärt der in Berlin-Prenzlauer Berg praktizierende Kardiologe und Internist Peter Hoffmann.
Duo in Vorhof und Hauptkammer
Die neue Generation der Kapselschrittmacher verspricht dagegen eine breitflächige Anwendung, denn neben der rechten Herzkammer wird auch der Vorhof mit einer Kapsel versorgt. Das Duo synchronisiert sich kabellos und kommt mit seinen Batterien ganze 17 Jahre lang aus. Eine US-Studie mit 300 Teilnehmern hat die zuverlässige Funktion und Sicherheit der Minigeräte bestätigt.
Am Deutschen Herzzentrum der Charité (DHZC) in Berlin wurde kürzlich der erste Patient in Deutschland erfolgreich mit dem Kapselschrittmacher versorgt. Auch das Herz- und Diabeteszentrum NRW in Bad Oeynhausen und die Medizinische Hochschule Hannover haben die Technologie in ihr Angebot aufgenommen.
Zwar gibt es noch keine allgemeine europäische Zulassung für die neue Gerätegeneration, doch Fachleute rechnen für 2024 damit. Im Fokus stehen zunächst Patienten, bei denen von einem erhöhten Operationsrisiko auszugehen ist oder andere Gründe gegen herkömmliche Schrittmacher sprechen.