Herz-Kreislauf-Leiden drücken Lebenserwartung in Deutschland
Bei einem aktuellen Vergleich der Lebenserwartung in 16 westeuropäischen Ländern landen die deutschen Frauen auf Rang 14, die Männer auf Rang 15. Vor allem mehr kardiovaskuläre Vorsorge ist gefragt.
Mit 78,8 Jahren sterben die deutschen Männer im Durchschnitt gut drei Jahre früher als die Schweizer, die auf 81,9 Jahre kommen. Fast ebenso groß ist der Abstand zwischen den langlebigen Spanierinnen (86,2 Jahre) und deutschen Frauen (83,5).
So lautet ein Kernergebnis einer Studie, die kürzlich vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) und vom Max-Planck-Institut für demografische Forschung durchgeführt wurde. Verglichen wurden die durchschnittlichen Lebenserwartungen in 16 westeuropäischen Ländern. Mit einem 14. Rang für die Frauen und einem 15. für die Männer schneidet Deutschland wenig zufriedenstellend ab.
Warum werden die Deutschen deutlich weniger alt als ihre Nachbarn, obwohl der Wohlstand hierzulande vergleichbar ist und das Gesundheitssystem als eines der leistungsstärksten der Welt gilt? Um diese Frage zu beantworten, analysierten die Forscher die häufigsten Todesursachen in sechs Ländern. Dabei stachen Herz-Kreislauf-Erkrankungen heraus: An ihnen sterben in Deutschland vergleichsweise viele über 65-jährige Frauen, und Männer hierzulande erkranken früher an letztlich tödlichen kardiovaskulären Leiden als in den anderen Ländern.
„Heutzutage weitgehend vermeidbar“
„Dass Deutschland bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen deutlich zurückliegt, ist Anlass zur Sorge, da diese heutzutage als weitgehend vermeidbar gelten“, kommentiert Studien-Co-Autor Pavel Grigoriev vom BiB dieses Ergebnis und fordert eine wirksamere Prävention und Früherkennung.
Als Reaktion auf die Studie erneuert auch die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) ihre Forderungen nach besserer Vorsorge, Aufklärung und Diagnostik. Sinnvoll seien unter anderem regelmäßige Herz-Check-ups für über 50-Jährige, um vor allem Bluthochdruck und Herzschwäche frühzeitig erkennen und behandeln zu können. Auch die Notfallmaßnahmen seien noch ausbaufähig.
Gefragt ist nicht zuletzt auch die Eigenverantwortung der Patienten. „Herzgesundheitsvorsorge sollte nicht erst dann einsetzen, wenn bereits die ersten Beschwerden spürbar werden. Vielmehr sollten Kontrolluntersuchungen auf diesem Gebiet ab dem mittleren Alter ebenso selbstverständlich sein wie im Bereich Zahnmedizin. Das gilt besonders, wenn Risikofaktoren wie Übergewicht, Tabakkonsum oder erbliche Vorbelastungen vorliegen“, rät der in Berlin-Prenzlauer Berg ansässige Kardiologe und Internist Peter Hoffmann. Zudem kann ein Lebensstil mit gesunder Ernährung, viel Bewegung und ausreichend Schlaf die persönliche Lebenserwartung deutlich verlängern.