Frauen haben nach einem Herzinfarkt geringere Überlebenschancen
Für Frauen ist die Wahrscheinlichkeit, an einem Herzinfarkt zu sterben, mehr als doppelt so hoch wie für Männer. Hauptgründe sind eine spätere Inanspruchnahme von Notfallhilfe und eine häufigere Fehlinterpretation der Symptome.
Dass es gravierende Geschlechtsunterschiede bei der Behandlung von Herzinfarkten gibt, ist längst keine Neuigkeit mehr. „Schon seit den 1990er-Jahren ist bekannt, dass die unterschiedlichen Herzinfarkt-Symptomatiken von Frauen und Männern zu unterschiedlichen Diagnosen und Therapien führen – mit der Folge, dass Herzinfarkte bei Frauen oftmals später erkannt werden“, erläutert der Kardiologe und Internist Peter Hoffmann, der in Berlin-Prenzlauer Berg praktiziert. Seit damals laufen auch schon Bemühungen, die Herzmedizinerschaft – aber auch herzkranke Frauen – stärker für diese Unterschiede zu sensibilisieren. Der Erfolg lässt indes zu wünschen übrig, wie Studien aus den jüngeren Jahren zeigen.
So fand das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZKH) 2017 heraus, dass bei älteren Frauen im Durchschnitt nach einem Herzinfarkt viereinhalb Stunden bis zur Einlieferung in die Notaufnahme vergingen, bei Männern derselben Altersstufe hingegen nur dreieinhalb Stunden. Das Ergebnis einer polnischen Studie von 2019 brachte die European Society of Cardiology (ESC) folgendermaßen auf den Punkt: „Frauen rufen bei Herzinfarktsymptomen den Notarzt für ihre Männer, Väter und Brüder, aber nicht für sich selbst.“ Auch als Folge daraus sind Herz-Kreislauf-Leiden mit über 180.000 Fällen die häufigste Todesursache von Frauen in Deutschland.
Die Symptomatik eines Herzinfarkts verweist bei Frauen weniger eindeutig auf den Brustraum als bei Männern, die zumeist ebendort Schmerzen empfinden. Bei Frauen kommt es häufig zu Schmerzen in den Armen, im Rücken oder Oberbauch, zu Übelkeit und Erbrechen, zu Schweißausbrüchen und Angstzuständen, zu starker Müdigkeit oder zu Atemnot.
884 Herzinfarkt-Patienten und -Patientinnen beobachtet
Wie sich diese schwierigere Diagnostizierbarkeit auswirkt, haben Forscher kürzlich auf einem Kongress der ESC berichtet. Für ihre Studie werteten sie die Daten von 884 Herzinfarkt-Patienten und -Patientinnen aus, die in die Notfallambulanz eingeliefert worden waren. Dabei bildeten sie Frauen- und Männer-Vergleichsgruppen mit jeweils ähnlichen Vorerkrankungen, um die Ergebnisse nicht zu verfälschen. Unterm Strich steht die Erkenntnis, dass Frauen eine mehr als doppelt so hohe Wahrscheinlichkeit aufweisen, infolge eines Herzinfarkts zu versterben, wie vergleichbare Männer.
Erneut waren daher auf dem Kongress Appelle zu vernehmen: an die Herzmedizin, die Geschlechtsunterschiede stärker zu berücksichtigen, und an die Frauen, sich ihre kardiovaskuläre Gefährdung bewusst zu machen und konsequente Vorsorge zu betreiben.