Gefährlicher Trend: Doping unter Freizeitsportlern
Um dem dominierenden Körperkult besser zu entsprechen, greifen immer mehr Hobbysportler zu Anabolika – und gefährden damit Leib und Leben.
Die Erlebnisberichte folgen stets dem gleichen Muster: Mit dem Wunsch, imposante Muskelberge, einen Waschbrettbauch und eine männlich-V-förmige Silhouette zu gewinnen, geht man ins Fitnessstudio. Doch der Weg zu den Sternen ist lang und steinig, wie sich bald schon herausstellt. Den anderen Fitnessjüngern scheint der Muskelaufbau viel leichter zu fallen. Auf kurz oder lang erfährt man auch, warum: Das Zauberwort heißt anabole Steroide. Obwohl eigentlich nur auf Rezept zu bekommen, kursiert das Dopingmittel im Internet ebenso wie in Freizeitsportler-Kreisen, wo häufig „jemand jemanden kennt, der jemanden kennt“, der Anabolika besorgen kann.
Dann die „Erweckung“, die Phase der Euphorie: Man probiert es aus, die Wirkung ist gewaltig. Schon nach kurzer Zeit fällt den Freunden auf, dass man kerniger und kräftiger geworden ist. Einige Monate lang fühlt man sich wie Superman oder zumindest wie Hollywood-Titanen der Marke „The Rock“. Doch irgendwann geht es los: Akne verunziert großflächig den Rücken und die Schultern, die Kopfhaare fallen aus, die Augen treten hervor. Schweißausbrüche und Nasenbluten treten alltäglich auf, Schlaflosigkeit allnächtlich. Die Lust auf Sex lässt nach, die Erektionsfähigkeit ebenso, stattdessen kommt es immer häufiger zu aggressiven Schüben, in vielen Fällen auch zu depressiven Verstimmungen. Und das sind nur die kurz- und mittelfristigen Folgen.
Herzmediziner warnen eindringlich vor Anabolikamissbrauch
„Anabole Steroide haben auch Nebenwirkungen, die sich erst viele Jahre später bemerkbar machen, dann aber mit umso größerer Wucht“, hebt der Berliner Kardiologe und Internist Peter Hoffmann hervor, „so ist beispielweise das Schlaganfall- und Herzinfarkt-Risiko deutlich erhöht. Auch Leber und Niere können erheblichen Schaden nehmen.“
Vor allem bei langfristigem Konsum von Anabolika drohen gravierende Schädigungen des Herz-Kreislauf-Systems. Studien zufolge sinkt beispielsweise die Pumpleistung der linken Herzkammer auf rund die Hälfte derjenigen eines dopingfreien Sportlers, womit das Risiko eines Herzversagens dramatisch steigt.
Obwohl die Gefahren seit vielen Jahren bekannt sind, wächst der Anabolika-Konsum in Deutschland weiter an. Ein Indiz dafür ist der Anstieg der Doping-Ermittlungsverfahren des Zollfahndungsdienstes von 43 im Jahr 2006 auf 2.000 im Jahr 2014. Der Sozialmediziner Martin Hörning von der Paderborner Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen schätzt die Zahl der deutschen Doper auf mindestens 400.000. Für Herzmediziner Hoffmann steht außer Frage: „Das sind 400.000 zu viel – jeder Anabolika-Konsument setzt sein Leben aufs Spiel!“