Das „Zuckerhoch“ ist ein Mythos

Eine britisch-deutsche Metastudie belegt: Dass Zucker aktiviere und stimmungsaufhellend wirke, stimmt gar nicht. Er vor allem eines: gefährlich.

Die Konzentration lässt nach, die Lust aufs Arbeiten auch, ein kleiner Energiekick wäre jetzt nicht schlecht – in solchen Situationen greifen die Deutschen gern zu einem Schokoriegel oder einem vergleichbaren Zuckerlieferanten. Danach kehren die Lebensgeister zurück, ein kurzes „Zuckerhoch“ stellt sich ein, die Arbeit geht wieder leichter von der Hand. Grund: Der süße Stoff aktiviert das Belohnungssystem im Gehirn.

So entspricht es zumindest der Wahrnehmung unzähliger Menschen, nicht nur hierzulande, sondern weltweit. Offensichtlich sitzen sie damit aber einem Placebo-Effekt auf. Denn wie eine gemeinsame Metastudie der Berliner Humboldt-Universität (HU) und der britischen Universitäten Lancaster und Warwick zeigt, gibt es das „Zuckerhoch“ gar nicht. Für diese Erkenntnis werteten die Forscher 31 Studien mit insgesamt rund 1.300 Probanden aus.

HU-Psychologe Dr. Konstantinos Mantantzis fasst zusammen: „Menschen auf der ganzen Welt nehmen zuckerhaltige Produkte zu sich, um wacher zu werden oder Müdigkeit zu bekämpfen […] Unsere Ergebnisse zeigen sehr deutlich, dass solche Behauptungen nicht belegt sind – wenn überhaupt, wird man sich mit Zucker wahrscheinlich schlechter fühlen.“ An diesen Gedanken werden sich viele Menschen nur langsam gewöhnen können. Doch es gibt gute Gründe, es zu versuchen.

Zucker macht krank
Zucker hat in eine Vielzahl von Lebensmitteln Einzug gehalten, in denen er eigentlich verzichtbar wäre. Die Ursache ist naheliegend: je mehr Zucker, desto größer der Wunsch, mehr zu essen bzw. zu trinken. In den Industrieländern ist es in der Konsequenz üblich, viel mehr Zucker zu konsumieren, als gesundheitlich vertretbar wäre. Auf Dauer führt das zu Folgeschädigungen.

„Wer zu viel verarbeiteten Zucker zu sich nimmt, riskiert seine Herz-Gefäß-Gesundheit. Und das nicht nur durch das Übergewicht, das meist auf hohen Zuckerkonsum folgt. Kalorienreiche Nahrung mit hohem Zuckeranteil ist auch herzschädlicher als solche mit geringerem, wie das US-Center for Disease Control and Prevention in einer Studie herausgefunden hat“, betont der in Berlin-Prenzlauer Berg praktizierende Kardiologe und Internist Peter Hoffmann.

Zu viel Zucker führt häufig zu Typ-2-Diabetes („Alterszucker“), woraufhin die Sehfähigkeit und Gliedmaße bedroht sind. Außerdem schädigt das „süße Gift“ bekanntermaßen die Zähne. Was weniger bekannt ist: Auch das Gehirn nimmt durch hohen Zuckerkonsum Schaden, denn es schrumpft; in Tests konnten sich Probanden mit viel Zucker im Blut weniger gut konzentrieren als sonst bzw. als Vergleichsgruppen. Und auch ernst zu nehmende Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Zuckeraufnahme und Krebs gibt es.

Wenn das nächste Mal die Lust auf einen kleinen süßen Snack zwischendurch kommt, sollte man also lieber zu einer Frucht greifen. Oder sich bewegen – das wirkt besser und ist obendrein gesund.