Bluthochdruck-Patient per Federstrich?

In den USA wurde der Grenzwert für Bluthochdruck von 140/90 auf 130/80 gesenkt, womit auf einen Schlag gut 30 Millionen Patienten hinzukamen. Steht Deutschland Ähnliches bevor?

In den USA wurde der Grenzwert für Bluthochdruck von 140/90 auf 130/80 gesenkt, womit auf einen Schlag gut 30 Millionen Patienten hinzukamen. Steht Deutschland Ähnliches bevor?Die Diskussion um die Aussagekraft von Blutdruckwerten tobt seit Jahren in der Medizinerschaft. Lässt sich das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen direkt am Blutdruck ablesen? Ab welcher Marke sollte man Bluthochdruck behandeln? Sollte es überhaupt pauschale Grenzwerte geben oder zählt das individuelle Gesamtbild eines Patienten?

Die Deutsche Hochdruckliga, nach der sich die meisten Kardiologen und Internisten hierzulande richten, empfiehlt einen Zielwert von unter 140 (systolisch) zu 90 (diastolisch). „Patienten, deren Werte sich dieser Marke nähern, sollten bereits blutdrucksenkende Maßnahmen ergreifen. Vor allem der Lebensstil spielt eine wesentliche Rolle. Wichtig sind viel Bewegung, gesunde, das heißt salz- und fleischarme Ernährung sowie der Verzicht aufs Rauchen, auf regelmäßigen Alkoholkonsum und auf die häufige Verwendung von Schmerzmitteln“, erläutert der in Berlin-Prenzlauer Berg praktizierende Herzmediziner Peter Hoffmann. „Eine medikamentöse Behandlung ist unterhalb des Schwellenwerts in der Regel nicht nötig.“

Bisher galt der Grenzwert von 140/90 auch in den USA. Nun jedoch hat die zuständige Expertenkommission der American Heart Association und des American College of Cardiology ihre Empfehlung geändert. Mit der Absenkung des Grenzwerts auf 130/80 steigt die Zahl der Bluthochdruckpatienten in den USA auf einen Schlag von 72 Millionen auf 103 Millionen. Basis dieser Entscheidung ist die SPRINT-Studie, die 2015 zu dem Ergebnis gelangte, dass sogar ein systolischer Zielwert von 120 empfehlenswert sei.

Die Hochdruckliga will diesen Schritt einstweilen nicht mitgehen, aber die amerikanischen Richtlinien „sehr genau prüfen“. Würde der Grenzwert auch hierzulande angepasst, wäre statt rund einem Drittel etwa die Hälfte der Deutschen von Bluthochdruck betroffen. Manche Mediziner warnen davor, dass eine zu kräftige Senkung des Blutdrucks Negativeffekte zur Folge haben kann. Es gibt jedoch auch viele Stimmen in der Fachwelt, die den Schritt der US-Wissenschaftler für nachahmenswert halten. Ohnehin liegt es aber am Ende im Ermessen des behandelnden Arztes, wann jeweils eine Therapie begonnen werden sollte.