Blutdrucksenker helfen offenbar morgens wie abends

Bisher galt weithin die Annahme, dass Blutdrucksenker idealerweise abends eingenommen werden sollten. Nun legt eine Studie der Universität Dundee nahe, dass die Tageszeit irrelevant ist.

Wann soll ich denn meine Blutdrucktabletten einnehmen? Eine Frage, die sich viele Hypertoniker stellen. Als Lehrmeinung in der Herzmedizin hat sich vorsichtig, da mit schwacher Evidenz, die Empfehlung verbreitet, die Medikamente abends einzunehmen. Der Grund: „Ist der Blutdruck nachts erhöht bzw. sinkt er nicht ab, verschlechtert das laut Studien die Prognose der Patienten“, erläutert der in Berlin-Prenzlauer Berg praktizierende Kardiologe und Internist Peter Hoffmann. Folglich liegt es nahe, den Blutdruck zeitig zur Nacht medikamentös abzusenken.

Dieser Ansatz wurde 2019 in einer spanischen Studie bestätigt, die zeigte: Werden die Blutdrucksenker abends eingenommen, kommt es seltener zu kardiovaskulären Komplikationen als bei morgendlicher Einnahme. Nun aber konterkariert eine britische Studie das Ergebnis. Mit über 21.000 Probanden mit Bluthochdruck, die über fünf Jahre von Forschern der Universität Dundee beobachtet wurden, stützt sie sich auf eine breite Datenbasis. Eine Hälfte der Teilnehmer nahm die Blutdruckmedikamente morgens zwischen 6 und 10 Uhr, die andere dagegen erst zwischen 20 und 24 Uhr ein.

Vergleichbar viele kardiovaskuläre Ereignisse in beiden Gruppen
Das Ergebnis überraschte die Wissenschaftler, denn sie hatten Vorteile der abendlichen Einnahme erwartet. Stattdessen kam es in beiden Gruppen zu vergleichbar vielen schweren kardiovaskulären Ereignissen wie Herzinfarkten und Schlaganfällen. Auch die Todesfallzahlen bewegten sich auf ähnlichem Niveau. „Patienten können ihre Blutdrucktabletten einnehmen, wie es ihnen passt“, resümiert daher der Studienleiter Prof. Thomas MacDonald.

Auf einem Kongress der Kardiologengesellschaft ESC in Barcelona wurde kürzlich in einer Diskussion der Studie zu bedenken gegeben, dass deren Ergebnisse durch mangelnde Adhärenz beeinflusst worden sein könnte. Mit Adhärenz bezeichnet man die Therapietreue, also in diesem Fall die Einnahme der Blutdrucksenker in den vorgegebenen Zeitkorridoren. Aus der Probandengruppe, die abends die Tabletten schluckte, gaben 39 Prozent an, mindestens einmal vom Plan abgewichen zu sein; aus der anderen waren es 22,5 Prozent. Ob dadurch das Studienergebnis verfälscht worden sein könnte, lässt sich nicht seriös beantworten.