Ist die Ehe wirklich gesund?

Um bis zu 16 Prozent sinkt das kardiovaskulär bedingte Sterberisiko, wenn man verheiratet ist. Worin liegt das Geheimnis?

„Heirate oder heirate nicht, du wirst beides bereuen.“ Dieser weise Sinnspruch ist von Sokrates überliefert, und zahlreiche Menschen würden ihm zustimmen. In zumindest einer Hinsicht jedoch lag der griechische Philosoph daneben: Die Wahrscheinlichkeit, bedrohliche, aber therapierbare Krankheiten zu überleben, ist für Verheiratete signifikant höher als für Singles. Zu diesem Schluss kam kürzlich eine britische Studie mit rund einer Million Teilnehmern.

Die Forscher von der Aston Medical School werteten Informationen zu Patienten aus, die wegen eines hohen Cholesterinspiegels, Diabetes Typ 2 oder Bluthochdrucks klinisch behandelt wurden. „Bei diesen Erkrankungen oder Symptomen handelt es sich um wesentliche Risikofaktoren für kardiovaskuläre Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt“, erklärt der Herzmediziner Peter Hoffmann aus Berlin-Prenzlauer Berg. In allen drei Fällen sei es zur Risikominimierung von zentraler Bedeutung, verordnete Medikamente konsequent einzunehmen und gegebenenfalls den Lebensstil nachhaltig zu ändern, vor allem in puncto Ernährung und Bewegung.

Dies scheint Eheleuten besser zu gelingen als Singles. Nachdem die britischen Wissenschaftler potenziell verzerrende Faktoren wie Geschlecht, Alter und andere Erkrankungen herausgerechnet hatten, zeigte sich: Verheiratete mit Bluthochdruck haben ein um 10 Prozent geringeres Sterberisiko als Singles; bei Diabetes Typ 2 beträgt der statistische Überlebensvorteil 14 Prozent, bei hohem Cholesterinspiegel sogar 16 Prozent.

Soziales Umfeld offenbar entscheidend

Dieses Ergebnis deckt sich mit denen anderer Studien. Dieselben britischen Wissenschaftler fanden beispielsweise bereits letztes Jahr heraus, dass Eheleute bei einem Herzinfarkt höhere Überlebenschancen haben. Sie vermuten, dass es im Kern auf die soziale Kontrolle ankommt, die in der Ehe traditionell am ausgeprägtesten ist („Schatz, hast du auch deine Medikamente genommen?“ – „Wolltest du nicht heute noch ins Fitnessstudio?“).

Was also im Ehealltag nicht immer mit Dankbarkeit entgegengenommen wird, hat diese durchaus verdient. Denn die sanften Ermahnungen und Erinnerungen verlängern möglicherweise das Leben. Es braucht dazu keine Ehe, auch Singles mit entsprechendem Umfeld können der Forscher-Hypothese zufolge eine ähnliche statistische Prognose erreichen wie Verheiratete.

Überraschend wirkt in diesem Kontext allerdings eine weitere Erkenntnis aus der neuen Studie: Wer in einer festen Beziehung lebt, hat ein ähnlich hohes kardiovaskuläres Risiko wie Singles, teilweise sogar ein höheres. Das lässt Spekulationen zu: Laufen Lebenspartnerschaften – also „Ehen ohne Trauschein“, wie sie auf dem Vormarsch sind – grundsätzlich anders ab als Ehen? Doch für solche Fragen gibt es geeignetere Foren als dieses.