Die Pilzsaison beginnt – Zeit für höchste Vorsicht

Immer mehr Menschen sammeln und verzehren Pilze, ohne über hinreichendes Wissen zu verfügen, wie die Berliner Charité berichtet. Im Zweifel sollte gelten: Pilz stehen lassen und weitergehen.

Sie sehen schmackhaft aus, und auch beim Essen erregen sie keinerlei Verdacht: Knollenblätterpilze. Es dauert einige Stunden, bis die giftigste aller europäischen Pilzarten die ersten Symptome hervorruft, manchmal sogar einen ganzen Tag. Erbrechen und Durchfall halten dann aber nicht lange an, anschließend scheint eine Besserung einzutreten. Der Eindruck täuscht indes, denn etwa fünf Tage nach dem Verzehr kommt es zum Leberversagen. Nun hilft nur noch eine schnelle Lebertransplantation, um das Leben des Patienten zu retten.

Der tückische Pilz ist für neun von zehn tödlichen Pilzvergiftungen verantwortlich, ein großes Exemplar enthält bereits mehr vom Giftstoff, als ein Erwachsener vertragen kann. Kein Wunder, dass die Angelsachsen den Knollenblätterpilz „Todeshaube“ (Death Cap) getauft haben.

Doch die Kunde von der Gefährlichkeit dieses Pilzes – wie auch anderer Arten – ist nicht sehr weitverbreitet. Das zeigt ein Anstieg der Zahl diesbezüglicher Anfragen beim Giftnotruf der Berliner Charité in den letzten Wochen. „Uns fällt eine Zunahme an Fällen auf, die Menschen betreffen, die einfach mal Lust hatten, Pilze zu sammeln, ohne sich auszukennen“, erklärte die Charité-Humantoxikologin Friederike Wittchen gegenüber dem Bundesverband Deutscher Internisten.

Diese Sorglosigkeit kann, wie das Beispiel des Knollenblätterpilzes zeigt, schnell lebensbedrohlich werden. Verbraucherschützer und Mediziner warnen daher eindringlich davor, ohne solide Kenntnisse Pilze sammeln zu gehen. Im Zweifel, so der Tenor, sollte immer die Risikovermeidung Vorrang haben. Wer Lust auf selbst gesammelte Pilze hat, kann sich das erforderliche Wissen in Kursen und bei geführten Pilzwanderungen aneignen. Smartphone-Apps zur Pilzerkennung dagegen können wegen der Ähnlichkeit vieler Arten keine hinreichende Sicherheit bieten.

„Wer Pilze verzehrt hat und erste Anzeichen von Unwohlsein verspürt, sollte unverzüglich ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen – erst recht, wenn es zu Magenkrämpfen, Erbrechen, Durchfall, Schwindel, Atemstörungen und/oder Verwirrtheit kommt“, rät der Internist und Kardiologe Peter Hoffmann, der in Berlin-Prenzlauer Berg praktiziert. „Am besten nimmt man sofort eventuell noch vorhandene Pilzreste mit, um die Bestimmung des Giftes zu erleichtern.“ Und grundsätzlich empfiehlt der Mediziner: „Was man nicht mit hundertprozentiger Gewissheit identifizieren kann, sollte man seinem Organismus erst gar nicht zumuten.“